FETISCH

WAS IST EIN FETISCH?

Der Begriff des Fetisch leitet sich vom Lateinischen „facticius“ für ‚nachgemacht, künstlich‘ oder auch vom Französischen „fétiche“ für einen Zauber oder Zaubermittel ab. Die Bezeichnung wird für drei verschiedene Bereiche verwendet und variiert dementsprechend auch in ihrer jeweiligen Bedeutung. Zunächst kann es sich dabei um einen kultischen Gegenstand handeln, dem besondere Eigenschaften nachgesagt werden. Des Weiteren versteht die Umgangssprache einen Fetisch als Sexualtrieb, der sich auf Gegenstände oder Körperteile fokussiert. Schliesslich werden auch Sexualtriebe, die von der gesellschaftlichen Norm abweichen, bisweilen unter den Begriff des Fetischs gefasst. Dieser Artikel soll sich auf die sexuelle Ausprägung der Fetische konzentrieren. In diesem Sinne beschreibt ein Fetisch also die sexuelle Erregung, die eine Person im Zusammenhang mit einem bestimmten Objekt oder einem Teil des Körpers empfindet. Oftmals wird ein Fetisch auch synonym mit der Paraphilie verstanden. Dabei handelt es sich um sexuelle Neigungen, die von der empirischen Norm abweichen. Tatsächlich aber ist der sexuelle Fetischismus eine Unterkategorie der Paraphilie, deren Definition darüber hinaus auch losgelöst von Objekten oder Körperteilen gilt.

Welche Arten von Fetisch gibt es?

Grundsätzlich kann jeder Gegenstand zu einem Fetischobjekt werden. Ausgenommen sind lediglich jene Objekte, die bereits in einem sexuellen Zusammenhang verwendet werden. Während Stiefel oder Handschuhe klassische Fetischgegenstände darstellen, können Dildos oder Vibratoren nicht auf diese Weise klassifiziert werden. Gegenstände, die jedoch nur eine sexuelle Komponente enthalten, lassen sich nur schwer einordnen. Beispiele solcher Mischobjekte sind Reizwäsche oder Handschellen. Sie erfüllen zwar einen nichtsexuellen Zweck, muten aber dennoch erregend an (Reizwäsche) oder werden direkt sexuell eingesetzt (Handschellen beim Bondage). Zudem klassifizieren manche Forscher potenzielle Fetischobjekte danach, ob eher ihre Form (form fetish, beispielsweise Katzenohren) oder ihr Material (material fetish, beispielsweise Lackanzüge) für den sexuellen Reiz sorgt.
 

Wie funktioniert ein Fetisch?

Ein Fetisch wird ausgesprochen subjektiv empfunden und variiert deshalb von Person zu Person. Mag es auch sein, dass zwei Menschen ihren Fetisch auf den gleichen Gegenstand richten, ihre genaue Ausprägung kann sich vollständig unterscheiden. So erfahren manche Schuhfetischisten eine enorme Luststeigerung durch Turnschuhe, wohingegen andere Schuhliebhaber Lackpumps erregend finden. Auch die spezifische Anwendung eines Fetisches ist nicht zu unterschätzen. Oftmals wirken Kleidungsstücke nämlich nur dann sexuell erregend, wenn sie getragen werden, sei es vom Partner oder dem Fetischisten selbst. Dennoch wird die Person niemals zum Objekt der Begierde, auch wenn sie die entscheidende Bekleidung trägt. Sie allein macht den Fetisch aus, niemals aber der Mensch, es sei denn, der Fetisch richtet sich auf ein Körperteil. Im Laufe der Zeit können sich Fetische auch verändern. Sowohl Abwandlungen als auch Erweiterungen sind denkbar. In vielen Fällen kommt es zu einer Abstumpfung im Sinne einer Sättigung gegenüber des ursprünglichen Fetischs, sodass der Betroffene immer extremere Ausprägungen des Lustelements sucht oder sogar benötigt, um erregt werden zu können. Dass jemand die Lust am Fetisch in dessen Kern vollständig verliert, ist hingegen höchst selten. Während das Fetischobjekt einerseits ein einzelnes Objekt darstellen kann, fühlen sich manche Menschen andererseits auch durch Materialien oder Körperteile besonders erregt. Neben dem Tragen des Objekts stimulieren viele Menschen ihren Sexualtrieb dadurch, sich am Objekt zu reiben oder seinen Geruch wahrzunehmen.
 

Was sind bekannte Fetische?

Am weitesten verbreitet sind Fetische, die sich um Kleidungsstücke drehen. So sind hier Schuhe, Strümpfe, Unter- oder Badewäsche die Objekte der Begierde. Darüber hinaus können auch ungewöhnlichere Bekleidungen Dreh- und Angelpunkt eines Fetischs sein. Auch Mützen, Brillen oder Windeln bleiben daher nicht aussen vor. Zudem macht meist ein bestimmtes Exemplar die sexuell erregende Wirkung aus. Auf diese Weise entwickelt der Fetischist eine besondere Beziehung zu diesem Kleidungsstück. Noch dazu liegt der Reiz nicht selten darin, dass dieses bereits getragen wurde.
 

Wie entwickelt sich ein Fetisch?

Wie genau ein Fetisch entsteht, ist umstritten. Zwar gibt es viele verschiedene Theorien, die von den Experten vertreten werden, mit abschliessender wissenschaftlicher Sicherheit lassen sich diese allerdings nicht bestätigen. Zudem erschwert es die enorme Vielfalt an Fetischen, einheitliche Theorien zu deren Ursprung aufzustellen bzw. zu belegen. Weithin wird angenommen, dass Fetische in der Kindheit verwurzelt sind. Auch konkrete Ereignisse könnten sie hervorrufen. Schliesslich gehen manche Theorien auch davon aus, Fetische seien die Folge einer psychischen Störung. Vorwiegend abgelehnt wird die These, solche Luststeigerungen seien genetisch bedingt und könnten vererbt werden. Zumindest aber könnte die Wahrscheinlichkeit, eine derartige Neigung zu entwickeln, durch erbliche Merkmale begünstigt werden.
 

Wie verbreitet sind Fetische?

Genau festzustellen, wie häufig Fetische in unserer Gesellschaft vorkommen, ist nicht gerade einfach. Selbst eine Vorliebe für Frauen mit grosser Oberweite kann als Fetisch klassifiziert werden, die Grenzen zwischen Präferenz und Fetisch sind also fliessend. Im Jahre 2016 führte ein Team kanadischer Forscher eine Umfrage in der Provinz Quebec durch. Dabei wurden über 1000 Personen zu ihrer Fetisch-Erfahrung befragt. 45,6 Prozent gaben an, schon einmal das Verlangen gehabt zu haben, als Fetisch klassifizierbare Praktiken auszuprobieren. Knapp 33 Prozent der Teilnehmer hatten diese Gelüste in die Tat umgesetzt. Hinsichtlich der Geschlechterverteilung liessen sich keine nennenswerten Unterschiede feststellen, sowohl Frauen als auch Männer hegten entsprechende Neigungen gleichermassen.

Der rechtliche Status der Fetische

Während die grosse Mehrheit der Fetische harmloser Natur sind und Dritte nicht in Mitleidenschaft ziehen oder gar beeinflussen, sind manche auch illegal. Eine besonders extreme Spielart sexueller Fetische ist der Kannibalismus. In die Schlagzeilen geriet diese Luststeigerung im Jahre 2001, als der deutsche Computertechniker Armin Meiwes den Diplom-Ingenieur Bernd Jürgen Armando Brandes unter dessen Einverständnis zerstückelte und anschliessend verspeiste. Der als „Kannibale von Rotenburg“ bekannte Meiwes soll so den Wunsch seines Opfers erfüllt haben, gänzlich zu verschwinden. Meiwes wurde für die Tat wegen Totschlags verurteilt und erhielt eine Freiheitsstrafe von achteinhalb Jahren. Es ist aber zweifellos wichtig, nicht alle Fetische deshalb zu verurteilen. Zwar mag so mancher Fetisch durchaus bizarr sein, fast alle sind allerdings friedlicher Natur und drehen sich nicht darum, einem der Partner oder gar beiden bleibende Schäden zuzufügen.
 

Ausgefallene Fetische

Um einen Überblick über die enorme Bandbreite an Fetischen zu liefern, haben wir diese Liste zusammengestellt.

Autonepiophilie: Dieser Fetisch sieht vor, dass sich ein (erwachsener) Partner in eine Babyrolle begibt.
Axilismus: Wer den Fetisch des Axilismus hat, hegt eine besondere Vorliebe für Achselhöhlen.
Flatuphilie: Ein Fetisch, bei dem Blähungen die sexuelle Erregung hervorrufen.
Kryophilie: Kryophile Menschen werden durch extreme Kälte und Schnee erregt.
Oculolinctus: Dieser sehr seltene Fetisch dreht sich um das Lecken von Augäpfeln.
Omorashi: Die betroffene Person empfindet es als sexuell stimulierend, eine volle Blase zu haben und das Bedürfnis nach einem Toilettengang zu verspüren.
Dacryphilia: Hierbei törnt es die Person an, den Partner weinend zu sehen.
Dendrophilie: Bei diesem Fetisch fühlt man sich zu Bäumen hingezogen.